Die Geschichte der Bibliotherapie
Die Idee der Bibliotherapie ist nicht neu. Im Gegenteil, sie existiert seit Hunderten von Jahren: Im 13. Jahrhundert v. Chr. liess König Ramses II. über der Tür seiner königlichen Bibliothek den Satz eingravieren: „Haus der Heilung für die Seele“. Die Idee, dass Lesen nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch zur inneren Balance und zum seelischen Wohlbefinden beiträgt, wurde später von den alten Griechen und den Römern übernommen. In den berühmten Heilstätten des Asklepios im antiken Griechenland gab es neben der Heilung für den Körper auch Bibliotheken für die Seele.
Im Mittelalter entdeckten christliche Klöster die beruhigende Wirkung des Lesens und schufen umfangreiche Bibliotheken, wie zum Beispiel die zum Weltkulturerbe gehörende Stiftsbibliothek St.Gallen, über deren prachtvoller Eingangstür die Inschrift „Seelen-Apotheke“ zu lesen ist.
Im 16. Jahrhundert hat Michel de Montaigne den Grundstock für alle heutigen Influencer und Blogger gelegt: mit seinen 107 Essays, in denen er über das schrieb und reflektierte, was er vor Augen hatte, inklusive sich selbst. Flaubert empfiehlt dazu: „Lest nicht, wie die Kinder lesen, um sich zu vergnügen, noch wie die Ehrgeizigen, um sich zu bilden.
Nein, lest, um zu leben.“
Aber erst im 19. Jahrhundert tauchte der Begriff „Bibliotherapie“ in der modernen Form auf. In den USA begann man, das Lesen gezielt in psychiatrischen Kliniken einzusetzen, um Patienten durch ausgewählte Texte zu heilen. Insbesondere während des Ersten Weltkriegs nutzte man Bücher zur Therapie von Soldaten, die unter Kriegsneurosen litten.
In den 1960er und 1970er Jahren entwickelte sich das Konzept weiter und fand Eingang in Schulen und pädagogische Programme, um vor allem Kinder und Jugendliche bei der Bewältigung von Problemen wie Ängsten, Mobbing und sozialen Konflikten zu unterstützen.
Diese Methode wird heute als „developmental bibliotherapy“ bezeichnet. Gleichzeitig entstand der Bereich der „clinical bibliotherapy,“ der sich gezielt an Erwachsene und spezifische psychische Erkrankungen richtet.
Heute wird Bibliotherapie von Psychologen, Pädagogen und Coaches genutzt und bietet eine Vielfalt an literarischen Ressourcen, um Menschen bei der persönlichen Entwicklung und mentalen Gesundheit zu unterstützen.
Quellen:
„Lesen als Medizin - Die wundersame Wirkung der Literatur“ von Andrea Gerk
Wikipedia und ChatGPT